Im digitalen Zeitalter wird man überschüttet mit Informationen. Wie kann es gelingen, dass Lernende eine sinnvolle Auswahl treffen und ihre Informationen in Wissen umgewandelt werden? Und zwar so, dass es im Langzeitgedächtnis bleibt? In Unterricht und Seminaren wende ich diese 7 Schritte an. Immer wieder merke ich, dass Lernende auch Tage und Wochen später noch über Inhalte verfügen können. Zusätzlich führt diese Methodik dazu, dass das Selbstbewusstsein der Lernenden wächst und sie mit mehr Mut und Freude an neue Herausforderungen herangehen.
1. Thema wählen
“Such Dir ein Thema aus, das Dich begeistert” – wenn Lernende eine Wahl haben und ein für sie spannendes Thema finden, dann werden sie von intrinsicher Motivation angetrieben. Selbst wenn durch einen Lehrplan oder ein Seminarthema eine inhaltiche Richtung vorgegeben ist, gibt es innerhalb dieser viele auswählbare Schwerpunkte.
2. Informationen suchen
Die Jugendlichen kennen sich gut aus damit, wie sie per App YouTube, whatsapp, Instagram und Snapchat nutzen. Jedoch eine zielgerichtete Internetrecherche durchzuführen überfordert viele. Daher ist es ganz wichtig dies den Lernenden zu erklären. Eine Stichwortliste erstellen, mit mindestens drei Suchbegriffen zu googeln, Querverweise überprüfen, mehrere Quellen zu einem Stichwort suchen – dies sind nur erste Hinweise, die zu besseren Ergebnissen führen. Auch kann man inzwischen den Online-Katalog von Bibliotheken / Stadtbüchereien durchforsten und Bücher zur Ausleihe vorbestellen.
3. Quellen bewerten, relevante Informationen auswählen
Ist diese Quelle zuverlässig? Wird der Inhalt in anderen Quellen wiedergegeben? In welche z.B. politische Richtung ist der Artikel dieser (Online-)Zeitung einzuordnen? Welche Fakten werden unterschiedlich oder übereinstimmend wiedergegeben? Welche Punkte sind strittig, wichtig, haben Auswirkungen auf das Verhalten der Leser? Bei welchen Informationen fühlt man sich selbst angesprochen, ist man berührt? Auf diese und andere Fragen gilt es Antworten zu finden.
4. Eigene Schlussfolgerungen ziehen, eigene Meinung formulieren
Dieser Punkt gehört zur Kompetenz kritisches Denken. Informationen zu verarbeiten und zu erkennen, welche Konsequenzen sich möglicherweise ergeben, benötigt eine intensivere Auseinandersetzung. Das erfordert mehr Willen und Zeit in der Umsetzung. Wenn das Thema interessiert, ein persönlicher Nutzen für die/den Lernende(n) erkennbar ist, kann das zu neuen Erkenntnissen führen. Die Kunst besteht nun darin, die eigenen Gedanken in Worten auszudrücken. Eine große Herausforderung.
5. Ein eigenes Produkt erstellen
Es ist so ein befriedigendes Gefühl, wenn man kreativ ein eigenes Produkt erstellen kann:
- eine Erkenntnis als Merksatz formuliert
- ein künstlerisch schön gestaltetes Zitat
- ein Plakat zum selbstgewählten Thema
- ein Aufsatz über ein aktuelles Ereignis
- ein fertiger Programmcode mit Ergebnisausgabe
- ein Essay über eine Person des Zeitgeschehens
- ein Erklärvideo zu einem Aspekt des Themas usw.
Schon bei der Erstellung des Produkts gebe ich den Lernenden den Hinweis: eure Erkenntnis sollte auch für andere eine Antwort auf eine Frage sein, zur Lösung eines Problems dienen. Gestaltet euer Produkt so, dass die Zuhörer die Inhalte gut verstehen und sich Kernaussagen einprägen können. Hierbei wird das Prinzip “Lernen durch Lehren” angewendet.
6. Produkt veröffentlichen
Was nützen Erkenntnisse, spannende Texte, Videos, wenn sie nur in der Schublade landen? Das Internet bietet ganz viele Möglichkeiten etwas zu veröffentlichen, z.B.
- Erkenntnisse, Zitate über einen Kurznachrichtendienst
- Plakate auf einer öffentlichen Pinwand
- Aufsätze, Essays o.ä. als Blogbeitrag auf einer Website
- Kommentare als Antwort auf einen online verfügbaren Artikel
- über die Funktion “Teilen” an ausgewählte Empfänger.
Nach meiner Beobachtung führt die Veröffentlichung zu folgenden Effekten: einerseits erhöht es die Qualität des Produkts. Andererseits kommt es zu einer Resonanz durch den Leser: das Produkt und sein Ersteller werden wahrgenommen. Dieses Feedback – und das halte ich für viel wichtiger – führt zu einer Verknüpfung von Wissen mit positiven Gefühlen.
7. Reflektieren
Zum Abschluss vergleicht der/die Lernende seinen Informationsstand zum Zeitpunkt der Themenwahl mit demjenigen zur Produktveröffentlichung. Im Rückblick wird der Lernzuwachs deutlich. Hinzu kommt nun die Fähigkeit sowohl Informationen zu einem Thema zu kennen als auch diese kritisch diskutieren zu können. Die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema, das Erstellen eines Produkts und die Resonanz der Zuhörer führen zu einem längerem Verbleib im Gedächtnis.
Julia, eine 17 jährige Schülerin, formulierte ihre Erkenntnis so:
Es war eine andere Art Infos aufzubereiten als Seiten aus einem Buch zu lesen und auf einem Zettel zusammenzufassen. Wir konnten selbst aussuchen, welchen Artikel wir nehmen, so konnte man sich mehr mit dem Text bzw. Autor identifizieren. Den Inhalt habe ich sehr gut behalten, weil man durch einen Blogbeitrag auf einer Website es der ganzen Welt zugänglich macht. Es ist kein Zettel, den ich am Ende der Schullaufbahn ohnehin wegwerfe. Sondern ich habe etwas für die Zukunft gelernt und gehe mit mehr Selbstbewusstsein an neue Aufgaben heran.